Vertrauen statt Bewertung

Aus Scham wurde Beruf: Hände, die nicht bewerten, sondern Vertrauen und Körperwohl wiederherstellen.

Ich bin in einem sehr schamhaften Umfeld aufgewachsen.

Meine Mutter war da ganz konsequent - als ich etwa drei Jahre alt war, hat sie mich eines Tages nur in der Unterhose gewaschen und gesagt: „Den Rest machst du selbst, du bist jetzt groß genug."

Damals wusste ich natürlich nicht, was Scham eigentlich ist - aber ich habe sie gespürt. Und so bin ich groß geworden: mit Zurückhaltung, mit einem Gefühl, dass man über den Körper lieber nicht spricht und ihn schon gar nicht zeigt.

Und dann... wurde ich Masseur.

Plötzlich lag das, was früher tabu war, mitten in meinem Alltag:

Menschen liegen nackt vor mir, vertrauen mir ihren Körper an. Ein unglaublicher Perspektivenwechsel.

Heute weiß ich: Scham ist menschlich. Viele Menschen schämen sich für ihren Körper und ich kann das gut nachvollziehen.

Doch wenn ich arbeite, sehe ich nicht „Fehler" oder „Unvollkommenheiten". Ich sehe Haut, Gewebe, Leben.

Oder wie meine Schwiegermutter immer sagt: „Es ist alles die gleiche Haut - nur an manchen Stellen ein wenig anders geformt."

Vielleicht ist genau das die schönste Erkenntnis: Dass wir lernen dürfen, uns in unserer Haut wieder wohl zu fühlen - ganz ohne Scham.